Breiterer Forschungskontext/theoretischer Rahmen
Während der globalen Krise, die durch die SARS-CoV-2-Pandemie ausgelöst wurde, befanden sich Anfang 2020 plötzlich weltweit Gesellschaften in einem Ausnahmezustand. Während die Regierungen meist Virolog*innen konsultierten und eine Abschottungspolitik verfolgten, um "die Kurve abzuflachen", wandten sich die Bürger*innen der bereits existierenden "Pandemic Fiction" zu oder begannen, ihre eigenen "Corona Fictions" zu erstellen, um die Krise (und das Krisenmanagement) zu verstehen, um sich von der Angst vor dem Virus abzulenken oder um die angeordnete soziale und physische Distanzierung zu ertragen. Diese Hinwendung zur Kunst offenbart die Bedeutung literarischer und kultureller Produktionen, die – verstanden als ein “Means of Living and Means of Survival” (Ette 2016, 7) – Erklärungen bieten, Bewältigungsmechanismen aufzeigen und individuelle und kollektive Resilienz fördern.
Hypothesen/Forschungsfragen/Zielsetzungen
Die Leithypothese des Projekts geht davon aus, dass pandemische Narrative auf konsistenten Strukturen beruhen, die medienübergreifend zirkulieren. Indem sie sich durch transmediales Storytelling (basierend auf Jenkins) "verbreiten", tragen sie zu einem übergreifenden Meta-Narrativ in verschiedenen Subgenres bei, die wiederum ihre Genre-Charakteristika auf den Inhalt übertragen.
Diese Annahme führt zu den folgenden Hauptforschungsfragen:
• Inwieweit und wie unterscheiden sich Corona Fictions von früheren Pandemic Fictions? Welche Teile des Meta-Narrativs werden in Corona Fictions reaktiviert?
• Welches sind die Hauptthemen der Corona Fictions?
• Welche narratologische Funktion übernimmt das Coronavirus?
Ziel des Projekts ist es, festzustellen, wie das pandemische Meta-Narrativ innerhalb der aktuellen Corona Fictions reaktiviert wird. Ferner soll aufgezeigt werden, wie gesundheitspolitische Massnahmen, z.B. der Lockdown, kulturelle Produktionsprozesse und soziokulturelle Praktiken beeinflussen.
Ansatz/Methoden
Das Projekt verwendet einen pluralistischen, multimodalen und interdisziplinären methodischen Ansatz, um den transmedialen Grad der transkulturellen Pandemic Fictions darzustellen. Es umfasst (1) transmediales Storytelling, (2) Citizen Science für die Sammlung der Daten und (3) die digitalen Geisteswissenschaften für deren rechnergestützte Verarbeitung und grafische Darstellung. (4) Für die Beschreibung und Analyse der formalen Aspekte sowie des Inhalts der spezifischen Corona Texte wird ein kultur-, literatur- und medienwissenschaftlicher methodischer Rahmen verwendet, der den Besonderheiten des jeweiligen Textes Rechnung trägt.
Grad der Originalität/Innovation
Das Projekt kombiniert die neuesten kulturellen Produktionen, die im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie veröffentlicht wurden, mit modernsten Methoden und Technologien. Es integriert bürgernahe Citizen Science für die Erstellung des Coronakorpus, stellt die Daten als bibliographisches Open-Access-Netzwerk (Digital Humanities) dar und untersucht die Corona Fictions durch die Linse des transmedialen Storytelling.