Störungen und Störungszonen resultieren aus dem Versagen von Teilen der Erdkruste aufgrund von tektonisch
gerichteten Spannungen und stellen wesentliche Schwächezonen in den oberen Teilen der Erdkruste dar.
Im Rahmen dieses Projektes wurden ausgewählte Störungszonen sowohl im Hinblick auf ihre
Entstehungsgeschichte (grundlagenorientierte Forschung der Strukturgeologie), als auch auf ihre Auswirkungen auf
die Oberflächenentwicklung (Geomorphologie), und auf Wasserwegigkeiten im Untergrund (Hydrogeologie)
untersucht.
Hauptuntersuchungsgebiete waren die Lavanttalstörung am Westrand der Koralpe, und die Talhofstörung
(Semmeringgebiet). Die beiden Störungszonen liegen im Trassenbereich des Koralmtunnels (Lavanttalstörung) und
des Semmering- Basistunnels (Talhofstörung). Detaillierte strukturgeologische Untersuchungen zeigten, dass sich
Störungszonen aus einem System von parallel angeordneten Brüchen entwickeln, die ursprünglich quer zum
Streichen der Störungszone orientiert sind. Damit ist der Internbereich der Störungszone ursprünglich durch einen
lamellaren Aufbau charakterisiert. Einengung und gleichzeitige Scherung führen zu einer Rotation und
anschliessenden Knickung dieser Lamellen bis hin zum Zerbrechen entlang definierter Ebenen. Daraus entwickeln
sich Störungszonen zu Kernbereichen aus zerbrochenem und zerriebenem Material (sog. Störungsgesteine,
Kataklasite), und durch ein Netzwerk von Brüchen gekennzeichneten Auflockerungsbereichen. Letztere stellen
Wasserleiter dar, während die Kernbereiche gering durchlässig sind oder als Wasserstauer auftreten. Die
Hauptwegigkeiten in den Kernbereichen, falls vorhanden, verlaufen parallel zum Streichen der Störungszone. Die
Zirkulation von hydrothermalen Wässern durch Störungszonen führt zu massiven Lösungsprozessen in den
aufgelockerten Bereichen, und zur anschliessenden Fällung von Mineralen in den Porenräumen. Dies führt häufig
zu einer Zementation der Kataklasite und Auflockerungsbereiche und zu einer Herabsetzung der Durchlässigkeit.
Mittels Isotopenanalyse konnte gezeigt werden, dass es sich bei diesen Wässern meist um meteorische Wässer
(Niederschlagswässer) handelt, die über den Auflockerungsbereich in tiefere Bereiche der Kruste eindringen,
erwärmt werden und dort mit dem Nebengestein wechselwirken.
Die hydrothermalen Wässer, aber auch die bei der Bewegung entlang der Störungen gebildete Reibungswärme
führen weiters zu einer Änderung der thermischen Struktur einer Störungszone. Die thermische Entwicklung von
Störungszonen in den Ostalpen (Mölltalstörung, Lavanttalstörung) konnte mittels speziellen Methoden der
Alterdatierung, die für einen Temperaturbereich von 400 bis 40°C sensitiv sind, rekonstruiert werden. Dabei hat
sich gezeigt, dass es zwischen ca. 12 und 6 Millionen Jahren eine Phase von intensiver Störungsaktivität gibt.
Sozio-ökologische Aspekte ergaben sich vor allem aus der Untersuchung der Internstruktur und der
Wasserwegigkeit von Störungszonen, die für die Planung und Abwicklung von Untertagebauwerken, im Speziellen
Tunnelkonstruktionen, von großer Bedeutung sind. Dies wirkt sich auch auf den Einsatz der entsprechenden
Bautechnologien aus.