Nachhaltiges Bauen und das damit verbundene Bestreben, Bauaktivitäten ganzheitlich (d.h. ökologisch, ökonomisch und soziokulturell) zu betrachten, entwickelt sich zum Megatrend im Bauwesen.
Das Forschungsprojekt bietet die Möglichkeit, die in der Steiermark vorhandenen Kompetenzen in Produktion und Umwelttechnologien zu bündeln und für den ressourcen- und energieintensiven Bausektor ein neues steirisches Stärkefeld zu entwickeln. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen einer interfakultären und interdisziplinären Zusammenarbeit innerhalb der TU Graz sowie mit Projektpartnern aus der Wirtschaft in zwei parallelen Forschungsansätzen.
Der erste Ansatz zielt auf die systemische Betrachtungsweise von Nachhaltigkeits-anforderungen im Planungs- und Projektsteuerungsprozess ab. In der derzeitigen Planungspraxis erfolgt die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten zumeist durch Fokussierung auf einzelne Objektqualitäten wie die Verbesserung der Energieeffizienz, oder die Verringerung von Umweltwirkungen und Lebenszykluskosten. Das europäische Bewertungs-konzept zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Gebäuden sieht hingegen eine breite Berücksichtigung von ökologischen, ökonomischen und sozio-kulturellen sowie technischen und funktionalen Gebäudequalitäten, vorzugsweise bereits in der frühen Planungsphase eines Bauprojektes, vor. Zur Operationalisierung von Nachhaltigkeitsanforderungen bedarf es daher geeigneter Instrumente, welche bereits eine frühe Abschätzung der voraussichtlich erzielbaren Nachhaltigkeitsqualitäten eines Gebäudes ermöglichen. Die Kenntnis der systemischen Zusammenhänge wesentlicher Nachhaltigkeitsanforderungen in Abhängigkeit der Ziel-präferenzen der Stakeholder soll künftig die Planbarkeit und die Steuerung von Immobilienqualitäten aus ganzheitlicher Sicht ermöglichen.
Der zweite Ansatz zielt auf die konstruktive Umsetzung in der Gebäudehülle ab. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Werkstoffen, die vielfältige Querschnittsgestaltung, leichte Demontierbarkeit (bei geeigneter Fügetechnik), Dauerhaftigkeit (bei richtiger Werkstoffwahl) mit maximaler Rezyklierbarkeit vereinen. Die Gestaltung der Fassade als selbsttragende, hocheffiziente Tragkonstruktion mit neuen Methoden der Umform- und Fügetechnik aus dem Maschinenbau sowie die Integration der gebäudetechnischen Systeme in die Gebäudehülle, stellt die konstruktive, statische, bauphysikalische und gerätetechnische Durchbildung vor eine Reihe an Herausforderungen, die nur durch die sehr enge interdisziplinäre Zusammenarbeit der beteiligten Fachgebiete gelöst werden kann. Sogenannte „Integralfassaden“ beeinflussen eine Vielzahl der sozio-funktionalen, technischen sowie ökonomischen und ökologischen Kriterien zur Nachhaltigkeitsbewertung eines Gebäudes und sind somit bestens geeignet, die Gesamtnachhaltigkeit eines Gebäudes entscheidend zu verbessern.
Durch die Interaktion der beiden Forschungsansätze sollen die Ergebnisse des Forschungsvorhabens Bauherren, Planern und Projektsteuerern künftig eine Grundlage bieten, auf welcher die aus ganzheitlicher Sicht multifaktoriellen Anforderungen in der Projektphase Planung strukturiert und nachvollziehbar bearbeitet werden können.