Potentialuntersuchung der 3D-FEM in der Analyse von DichtungssystemenPotentialuntersuchung der 3D-FEM in der Analyse von Dichtungssystemen

Die Anforderungen an Karosseriedichtungen in der Fahrzeugindustrie sind heutzutage sehr vielschichtig, weshalb diese in vielen Fällen nur über komplexe Dichtungssysteme erfüllt werden können. Zu den primären Funktionen des Dichtungssystems zählen etwa der Schutz vor Wassereintritt in die Fahrgastzelle oder die Kanalisation von Regenwasser. Daneben spielen weitere Aspekte wie etwa die Minimierung der Innenraumgeräusche oder die Reduktion der Verschmutzungsneigung in Folge von Verwirbelungen an der Seitenwand eine immer größer werdende Rolle.

Um die Entwicklungszeiten eines Fahrzeugs bei steigender Produktqualität konsequent reduzieren zu können, werden rechnergestützte Methoden und Werkzeuge heutzutage in fast allen Phasen des Produktentwicklungsprozesses eingesetzt. Durch das sogenannte Frontloading sollen verstärkt technische Problemstellungen bereits in den frühen Phasen der Entwicklung dargestellt und bewertet werden. Im Rahmen der rechnergestützten Entwicklung ist die FEM-Analyse von Dichtungssystemen daher ein unverzichtbares Instrument. Diese erlaubt die Darstellung und Bewertung von entstehenden Verformungen und resultierenden Kräften im Dichtsystem, wodurch bereits in der Konzeptphase Schwachstellen und mögliche Risiken der erarbeiteten Dichtungslösung aufgezeigt werden können. Dadurch kann der zielgerichtete Einsatz der FEM-Analyse einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der virtuellen Datenqualität und damit der rechnergestützten Absicherung von Eigenschaften darstellen.

Die bisherige rechnergestützte Berechnung von Dichtungssystemen erfolgt beim Industriepartner anhand FEM-Simulationen von zweidimensionalen Dichtungsquerschnitten. Manche Anwendungsfälle sind jedoch komplex und erfordern somit eine dreidimensionale Betrachtung der Problemstellung. Durch die beim Industriepartner neu eingeführte dreidimensionale FEM-Verformungsanalyse kann der Anwendungsbereich bei der Entwicklung von Dichtungssystemen nochmals erweitert werden. So bietet eine 3D-Analyse von Dichtungssystemen gegenüber einer 2D-Analyse wesentliche Vorteile. Einerseits kann das Gesamtsystem der Dichtung betrachtet werden, was eine genauere Beurteilung der Verformungen ermöglicht. Andererseits können durch eine 3D-Simulation im Entwicklungsprozess Probleme und Schwachstellen von Dichtungen mit komplexen Geometrien frühzeitig aufgezeigt werden, welche mit einer 2D-Simulation nicht lösbar wären. Varianten und Alternativen verschiedener Materialien, Formgebungen und Reibpaarungen lassen sich rasch testen. Dies führt zu rascheren Entwicklungszeiten und begünstigt Kosteneinsparungen, da die Anzahl an kostspieligen, physischen Prototypen verringert werden kann.

Anhand von drei in der Automobilindustrie typischen Anwendungsfällen soll der mögliche Mehrwert einer 3D-FEM-Verformungsanalyse gegenüber einer 2D-FEM-Simulation mittels Querschnitt untersucht werden. Die erste Simulation betrachtet zwei Fensterführungsdichtungen im Bereich der B-Säule und des Daches. Dabei wird der Einfluss der Diskretisierung auf die Berechnungsdauer und die Genauigkeit der Lösung bewertet. In einer zweiten Simulation wird die Verformung eines geometrisch komplexen Bauteils in Einbaulage ermittelt. Dazu wird die Verdeckdichtung im Bereich des C-Knotens eines Cabriolets herangezogen. Durch die Darstellung der verformten Geometrie lässt sich erkennen, ob die Dichtung korrekt aufliegt, wodurch auf die Dichtheit des Fahrzeuges in diesem Bereich geschlossen werden kann. Die dritte Simulation befasst sich mit einem Kantenschutz. Hier wird versucht, die Türschließkraft einer Vordertür genauer als bei einer 2D-Berechnung zu ermitteln. Durch Verformungen des Kantenschutzes infolge der Biegung in einem Radius kommt es zu einer veränderten Kraft beim Schließen der Tür. Der Einfluss dieser zusätzlichen Verformung auf die Türschließkraft wird analysiert und der Mehraufwand einer 3D-Simulation mit einer 2D-Simulation verglichen und bewertet.