Architekturpositionen in Graz 1918-1938. Ambivalenzen, Widersprüche, Kontinuitäten

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    Die Architekturdiskurse der 20er- und 30er-Jahre in der steirischen Landeshauptstadt Graz sind, mit wenigen Ausnahmen, durch die Ablehnung des "allzu Modernen", die Befürwortung der bodenständigen Tradition als Inspirationsquelle und die Harmonisierung von scheinbar unvereinbaren Gegensätzen charakterisiert. Innerhalb des größeren Kontextes der österreichischen Architektur der Zwischenkriegszeit, die angesichts ihrer Konsensbereitschaft und in Ermangelung eines treffenderen Ausdrucks als "gemäßigte", "moderate" oder "gemilderte" Moderne bezeichnet wird, erweist sich, dass in Graz der traditionslastige Teil dieses Spektrums voll ausgereizt wurde. Die Stadt gehörte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf dem Gebiet der Architektur nicht zu jenen Zentren, von denen Impulse für die Gesamtentwicklung ausgegangen sind. Hier wurde vielmehr intensiv rezipiert, verarbeitet, umgeformt, angepasst und variiert, was an Ideen und Formen aus Städten wie Wien, München, Berlin oder Paris importiert worden war. Diese Haltung steht in engem Zusammenhang mit den sich wandelnden gesellschaftlichen Leitbildern von Graz als moderner Großstadt, als deutschnational orientierte Stadt in der (positiv bewerteten) Provinz und als Ort, der durch das Alpenland und die "steirische" Komponente, zunehmend auch mit einer völkischen Konnotierung, ausgeprägt ist. Im Hinblick auf die ambivalente Haltung gegenüber modernen und traditionsorientierten Ansätzen können sowohl auf der biografischen Ebene der Protagonisten als auch im Bereich der Institutionen, Vereinigungen und Medien über alle politischen Systeme hinweg Kontinuitäten nachvollzogen werden, von den letzten Jahrzehnten der Habsburgermonarchie bis hin in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Blickpunkt der Untersuchung steht nicht ein bestimmter Ausschnitt des Bauschaffens im Sinne einer linearen Geschichtsschreibung der "heroischen" Moderne, vielmehr das Gesamtbild der Grazer Architektur und Architekturdiskussionen zwischen den Kriegen mit ihren Widersprüchen und Mehrdeutigkeiten, das sich durch einen differenzierten Blick auf die Quellenlage ergibt. Im Mittelpunkt steht das Prozesshafte, nicht Abgeschlossene des architektonischen Entstehungsprozesses: So wird der Fokus auf das Argumentieren, das immer von Neuem definieren Müssen, das Ringen um Positionen, das Übernehmen und Übersetzen von kulturellen Codes, von Leitbildern und mit diesen konfrontierten Gegenbildern, von Vorbildern und Feindbildern, Leitfiguren und deren Antagonisten gelegt. Architektur wird als gesellschaftliches Handeln verstanden mit den entsprechenden Strategien, Maßnahmen, Ausschluss- und Aneignungsmechanismen, die dazu dienen, die eigenen Überzeugungen und Programme durchzusetzen. Die Studie kann dabei auf eine bereits publizierte Untersuchung der Diskurse, Debatten und Positionen des Architekturmilieus in Graz um 1900 aufbauen.
    StatusFinished
    Effective start/end date1/01/0531/08/07

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