Zur Biegeschubtragfähigkeit zentrisch vorgespannter Stahlbetonbalken unterschiedlicher M/V-Kombinationen ohne Querkraftbewehrung

Neueste Forschungsergebnisse zeigen auf, dass das statische System (M/V-Verhältnis) einen signifikanten Einfluss auf das Querkrafttragverhalten von Stahlbetonbauteilen hat. Ein ähnliches Verhalten kann auch aus jüngsten Versuchsreihen an der Technischen Universität Graz bei vorgespannten Stahlbetonbalken ohne Querkraftbewehrung beobachtet werden. Weiters wurde aufgezeigt, dass der positive Einfluss einer Drucknormalkraft auf die Querkrafttragfähigkeit ebenfalls vom M/V-Verhältnis abhängt. Aktuelle Bemessungsvorschriften wie der EC2 erfassen Normalspannungen lediglich über einen systemunabhängigen konstanten Proportionalitätsfaktor k1. Um die Wechselwirkung zwischen System und Vorspannung zu quantifizieren, wurde eine experimentelle Versuchsserie mit insgesamt zwölf vorgespannten Stahlbetonbalken unterschiedlicher statischer Systeme durchgeführt. Es wurden Einfeldträger und Kragarme unter Gleichstreckenlast getestet. Im vorliegenden Aufsatz werden die Ergebnisse jener Balken präsentiert und mit Hilfe nichtlinearer FESimulationen nachgerechnet. Weiters werden die Versuchsergebnisse einer Auswahl aktuell gültiger Bemessungsnormen (Eurocode 2 und fib Model Code), sowie dem Rechenmodell aus dem zurzeit vorliegenden Entwurf der Neuauflage des Eurocodes (prEN 1992-1-1:2021) gegenübergestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass der positive Einfluss einer Vorspannung signifikant vom vorhandenen System abhängt. In diesem Zusammenhang weisen die aktuellen Bemessungsnormen einige Defizite auf.